Führung in der Schnaiter Kirche mit Stadtführerin Toni Herm:

 

Im September 2017 besuchte ich mit einer Freundin die Schnaiter Kirche. Wir erlebten eine sehr persönliche und engagierte Führung durch die Stadtführerin Frau Herm. Spannend berichtete sie von der wechselvollen Geschichte der Kirche mit ihrem aussergewöhnlichen Kunstwerk, dem spätgotischen Altar .

 

Die Kirche ist auf einem sehr günstigen Punkt erbaut worden, da sie trotz des niederen Turms von allen Seiten im Ort gesehen wird.

Es wird vermutet, daß bereits in der Romanik hier eine Kapelle stand. (Turmunterstock!)

Um 1500 wurde eine neue Kirche gebaut, "Unserer Lieben Frau" und St. Wendelin geweiht, von der der Turm und die Sakristei ( umgebauter alter Chor) zeugen. Dieses spätgotische Kirchlein wurde bald zu klein und im Laufe der Jahre baufällig. Aber durch die Armut der Gemeinde durch Pest, Krieg, Missernten und der mangelnden Unterstützung durch Friedrich Karl, dem Herzog von Württemberg,  wurde die Erweiterung und Erneuerung der Kirche immer wieder verschoben. Erst 1747 wurde der teilweise Abbruch der Kirche und ein Neubau genehmigt. Der herzogliche Baudirektor Johann Christoph David von Leger entwarf selbst die Pläne. Kirchenrat, Landesverwaltung und viele Gemeindemitglieder teilten sich die hohen Kosten. Es entstand eine Predigtsaalkirche. Der Chor entfällt ,dafür stehen Kanzel, Altar und Taufstein im freien Raum und die umlaufenden Emporen bieten Platz für viele Zuhörer. 1761 kamen die Ausmalungen  an der Kasettendecke, der Kanzel und den Emporen hinzu.  1862 erfreute  eine neue Orgel die Kirchenbesucher. Die nächsten grossen Renovierungen fanden 1898/99, 1929 und 1983/84 statt. Ausführliche Beschreibungen sind im Heimatbuch "750 Jahre Schnait i.R." Band V der Ortsbücher von Weinstadt zu finden.

 

 

Der größte Schatz in der Schnaiter Kirche ist und bleibt wohl der spätgotische Altar.

 

Gefertigt wurde der Altar 1497 wie es unten am Sockel des  Schreins eingeschrieben ist. Einer der Stifter sind Ulrich Gaisberg und seine Gattin Katharina, deren  Wappen auf der Predella (Sockel) des Altars zu finden ist. Aber auch Zeichen von Wengerter und Bauern sind zu finden.

Die Namen der Künstler sind unbekannt. Der Schnitzer der Figuren und der Maler der Flügelbilder kommen anscheinend aus der Ulmer Schule. Einflüsse von Martin Schongauer (Maler und Kupferstecher, geboren um 1445/50 , gest. 2.2.  1491)sind sehr deutlich.

Im Laufe seiner Geschichte, erlebte der Altar mal mehr mal weniger  Wertschätzung. Vor allem aber überlebte er die Reformationszeit, in der ja sehr viele christlichen Kunstwerke zerstört wurden. Ein geplanter Verkauf des Hochaltars wurde 1898 verhindert.

Die beiden Flügel des Hochaltars blieben bei alltäglichen Gottesdiensten geschlossen und wurden nur zu hohen Fest-und Feiertagen geöffnet. Auf den beiden Flügeltüren links und rechts aussen sind die Ankündigung der Geburt Jesus durch den Engel Gabriel zu sehen. Im Inneren der linken Flügeltür finden wir die Geburt Jesus, auf der rechten Tafel beten die drei Könige Jesus an. Das mittlere Bild zeigt uns Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm, begleitet von Johannes dem Täufer mit dem Lämmchen , von Katharina von Siena mit dem Schwert, der hl. Barbara mit ihrem Kelch und dem hl. Wendelin mit Hirtenstab und Hirtentasche , dem Schutzpatron der Kirche , der Hirten und der Landbevölkerung. (Wendelin war ein schottischer Missionar und Eremit, der 607 in St. Wendel/Saarland gestorben ist).

Die Altarbilder haben uns tief beeindruckt. Sie bestimmen die Atmosphäre im Kirchenraum und  haben uns still und  andächtig werden lassen. 

Zum Schluss durften wir noch die wunderschönen, wirklich sehenswerten Makro-Fotografien der einzelnen Altarbilder von Frau Herm bewundern. Sie hat sie mit dem Pfarrer zusammen nur erstellen können als sie halsbrecherisch auf dem Restaurierungsgerüst um die Bilder herum geklettert  ist. 

Mein Vorschlag an die Stadt wäre, diese grossartigen Fotos in einer Ausstellung einer grösseren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Vorausgesetzt natürlich, Frau Herm ist damit einverstanden. 

Ich kann den Besuch der Schnaiter Kirche nur von Herzen empfehlen!